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Ständerat Roland Eberle

Nationalrätin Verena Herzog

Nationalrat Hermann Hess

Kantonsrat David H. Bon

Energiestrategie zwischen „Plakatlüge“
und milliardenschwerem Desaster

Bürgerliche Thurgauer Politiker begründen ihr Nein für die Energiestrategie 2050

Subventionen kosten Milliarden und schläfern den Fortschritt ein. Die Energiestrategie 2050 führt die Versorgungssicherheit an den Abgrund und zum Gegenteil dessen, was sie behauptet: zu mehr Auslandabhängigkeit – und „Geld bleibt hier“ sei eine „Plakat-Lüge“. Am 5. Mai legten in Weinfelden Ständerat Roland Eberle (SVP), die Nationalträte Verena Herzog (SVP) und Hermann Hess (FDP) sowie FDP-Parteipräsident und Kantonsrat David H. Bon ihre Argumente gegen die Vorlage, die am 21. Mai zur Abstimmung kommt, dar.

ARMIN MENZI

WEINFELDEN (5. Mai 2017) – „Wir bekommen mehr Subventionen, mehr Bürokratie, mehr Verschandelung der Landschaft und höhere Energiepreise“, bringt FDP-Nationalrat Hermann die Energiestrategie 2050 auf den Punkt. Es dürfe nicht sein, „eine derartig massive Bürokratie in Gang zu setzen und dafür den Bürger bezahlen zu lassen – denn belastet werden vor allem die Haushalte“. Als liberal denkender Unternehmer und Politiker kritisiert Hermann Hess auch den Sachverhalt, dass die Energiestrategie ihren Schwerpunkt auf die Subventionen legt und weiss aus seiner Erfahrung als Unternehmer: „Subventionen führen nie zu günstigeren Produkten. Das sehen wir bei der Landwirtschaft, wo wir trotz europaweit höchster Subventionen ebenso europaweit die höchsten Preise haben.“ Jede Regulierung koste Geld, und ein „Gesetz mit derart vielen Regulierungen wird vor allem die Beamten beschäftigen und eine riesige Maschinerie anwerfen“. Dies just zu einem Zeitpunkt, wo man im Bund um eine effizientere Verwaltung kämpfe. Subventionen führten schlechterdings zu einer wohligen „Trägheit der Produzenten“. Mit Blick auf das Jahr 2050 – dem Zeitrahmen der Energiestrategie – bedeute dies, dass „wir mit Subventionen sogar bessere Lösungen behindern“. Denn die Produzenten von neuen erneuerbaren Energien – von Solar über Wind bis zu Biogas – „wollen mit den Subventionen primär Geld verdienen“, erklärt Hess. Das sehe man etwa in Deutschland, wo Investoren – auch aus der Schweiz – in Windkraftanlagen nur investierten, weil man damit gute Zinsen auf sein Kapital erziele, egal, ob die Sonne scheint und Windräder laufen oder nicht. Weil die Subventionen weiterhin als „süsses Gift“ ihre Wirkung entfachen, glaubt Hess auch nicht an die so genannte „Sunset-Klausel“. Sie gibt vor, dass ab 2021 mit neuen Bewilligungen für den Bezug von „Kostendeckender Einspeisevergütung“ (KEV) Schluss sei. Selbst wenn dies eintreten würde, kämen noch bis mindestens 2041 die Solar-, Wind- und Biomasse-Stromproduzenten in den Genuss von Subventionen. Und dies schliesslich zum „Schaden der Schweizer Volkswirtschaft, die neben den hohen Löhnen zusätzlich mit deutlich höheren Energiepreisen kämpft“. Dies liege auch quer zur allenthalben gelobten Standortförderung. Zumal dann, wenn man die temporär versenkten Lenkungsabgaben – etwa auf Treibstoffe und Brennstoffe dereinst wieder aufs Tapet befördere, denn die Energie-Schweiz sei keine Insel. „Schon heute bezahlt zum Beispiel die Bodensee-Schifffahrtsgesellschaft jährlich 1,5 Mio. Franken für den Dieseltreibstoff und hat keine Chance, auszuweichen. Meine Kollegen in Deutschland haben schon heute tiefere Löhne, Diesel- und Lebensmittelkosten“.

Notfall-Regime für Wasserkraft

Dabei befürwortet auch Hermann Hess ein „Notfall-Regime“ für die einheimische Wasserkraft: „Wir dürfen nicht zulassen, dass Anlagen, die 60 Prozent unseres Strombedarfs decken, in Konkurs gehen oder verkauft werden. Es wäre aber auch ehrlich, wenn die Politik den Stromkonsumenten über die geplanten Gaskraftwerke reinen Wein einschenken würde: „Wir müssen den Leuten nämlich sagen, dass wir zwei oder vier Gaskraftwerke planen“, zitiert Hess aus der Botschaft des Bundesrates zur „Energiestrategie 2050“ aus dem September 2013.

Schieflage für die Versorgungssicherheit

Ständerat Roland Eberle (SVP) ermahnt dazu, Ursache und Wirkung auseinanderzuhalten: „Nach der Atomkatastrophe in Fukushima wurde beschlossen, hierzulande aus der Atomkraft auszusteigen und künftig die wegbrechenden 40 Prozent der bisherigen Stromerzeugung zu ersetzen. Wir reden also über die künftige Versorgungssicherheit“, sagt Eberle und erinnert daran, dass ins Stromnetz auf die Sekunde genau gleich viel Leistung eingespeist werden muss, wie gerade verbraucht wird. Fliesst zuviel Strom, verbrennt das Netz – fliesst zuwenig, dann bricht es zusammen. Im Alltag bedeutet dies, dass bestimmte Strombezüger „abgeworfen“ werden müssten. Auch das umliegende Europa stelle sich zusehends die Frage, wie stabil unsere Schweizer Stromversorgung bleibe. Zumal die neuen erneuerbaren Energien grösstenteils nicht als Bandenergie, sondern als Flatterstrom daherkommen, was eine brauchbare Zuspeisung zuweilen knifflig macht. Eberle – zugleich Verwaltungsrat der „Axpo“ – weiss, dass schon heute das Netz an die Grenzen seiner Stabilität kommt. Eberle kritisiert ausserdem die „fahrlässige Vorlage“, weil sie sich primär auf den Strom fokussiere und bei den Treibstoffen und Brennstoffen – also rund 75 Prozent am Schweizer Energiemix – von einer Halbierung des Verbrauchs in nur 18 Jahren ausgehe, ohne zu sagen, wie diese Ziele zu erreichen seien. Darum handle es sich um eine „Mogelpackung“ und nichts weniger als „den Weg zurück zum Gesamtenergie-Verbrauch im Jahr 1961“, so Eberle lakonisch.

„Geld bleibt hier!“ als „Plakatlüge“

Der Slogan „Geld bleibt hier“ sei nichts weniger als eine „Plakatlüge“, findet SVP-Nationalrätin Verena Herzog. Denn in absehbarer Zukunft fielen so oder so massive Kosten für die Energiewende an. Die Wirtschaftsprofessoren Silvio Borner und Bernd Schips hätten solide gerechnet, als sie diese mit 100 bis 200 Milliarden Franken bezifferten. Besonders stossend daran sei, dass die Privat- und Kleinkunden die Zeche zu berappen hätten. Wohin dies führe, zeige sich in Deutschland – dem Land, „das sich den teuersten Irrtum der Energiegeschichte“ leiste. Wenn die Schweiz es nicht schaffe, den wegfallenden Atomstrom aus neuen erneuerbaren Energien zu decken, bedeute dies mehr Strom-Importe aus Deutschland – Kohlestrom inklusive – und Atomstrom aus Frankreich. Derweil ist Verena Herzog durchaus für eine neue Energiestrategie und überzeugt davon, dass diese auch etwas kosten darf. Sie findet es aber gescheiter, wenn mehr Geld in die Energieforschung investiert wird.

Schweiz müsste es eigentlich besser wissen

Für den FDP-Präsidenten und -Kantonsrat David H. Bon ist es unverständlich, so viel Geld für ein bisschen neuen Strom auszugeben. Er erinnert an die Emotionalität von Strom aus der Sonne: „Der Mensch ist ein intuitives Wesen. Für ihn kommt der Strom einfach aus der Steckdose – und nicht aus Kohlekraftwerken in Deutschland“, meint Bon lakonisch. Er erinnert daran, dass die Schweiz mit ihrer Wasserkraft-Strategie seit bald hundert Jahren Erfolg habe, weil sie wisse, „wie man das macht“. Und erinnert sich an seine früheren Tätigkeiten im Mittleren Osten: „Wer nicht weiss, dass man im Büro einen roten Knopf fürs Anwerfen des Notstrom-Aggregates hat, weiss auch nicht, welchen Komfort eine optimale Versorgungssicherheit bietet. Gar nichts abgewinnen kann David H. Bon der an die Adresse der Erdölproduzenten im Nahen Osten. „Die Befürworter des Energiegesetzes schaffen unnötige Tabus und arbeiten mit gefährlichen Vorurteilen“, sagt er und fügt an: „Gerade den Saudis können wir noch einiges abschauen. Sie sind die grössten und erfahrensten Energieproduzenten der Welt und investieren derzeit sogar in Gaskraftwerke in Deutschland“, meint Bon vielsagend.


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